Das Institut
Geleitwort Personen

Prof. Dr. Peter Sloterdijk

Das Institut Ökonomie der Zukunft wurde im Jahr 2012 in der Überzeugung gegründet, daß die seit 2007 andauernde Finanzkrise zugleich die dringende Notwendigkeit einer neuen Verständigung über Strukturen und Funktionen zeitgenössischer Wirtschaftsprozesse sichtbar gemacht hat. Zahllose Bürger haben nicht nur Vertrauen in das Bankwesen verloren, sie mißtrauen auch in zunehmendem Maß den ökonomischen Experten und den Exponenten der diversen wirtschaftswissenschaftlichen Schulen. Man wirft den einen wie den anderen vor, sie hätten auf die akuten Gefahren rechtzeitig aufmerksam machen müssen, falls sie wirklich im Vollbesitz adäquater Verstehensmittel in bezug auf das reale Geschehen an den globalen Finanzmärkten wären. Zahlreiche Autoren, darunter einige sehr prominente, wurden durch die Ratlosigkeit der etablierten Theorie-Schulen vor den weltweiten Turbulenzen des Lehman-Schocks zu der Aussage veranlaßt, man habe es mit einem faktischen Bankrott der bisherigen Wirtschaftswissenschaften zu tun. Andere Stimmen halten dagegen, zugespitzte Aussagen dieser Art seien ein Teil der üblichen Polemik zwischen den Schulen und dürften nicht zum Nennwert hingenommen werden. Die moderne Wirtschaftstheorie sei sich ihrer Mittel im großen Ganzen sicherer, als die öffentliche Polemik vermuten ließe. Dem breiten Publikum drängt sich jedoch der Eindruck auf, die Experten hätten seit geraumer Zeit den Boden unter den Füßen verloren.

Angesichts der evidenten Krise des Vertrauens in die kognitive Kompetenz der zeitgenössischen Wirtschafts- und Finanztheorie eröffnet das IOZ eine Serie von Vorträgen und Diskussionen, mit denen der Versuch unternommen wird, zu überprüfen, inwiefern das unleugbar gewachsene Mißtrauen gegen gewisse Praktiken von Banken zu Recht oder zu Unrecht auch auf die Vertreter der theoretischen Disziplinen übertragen wird, die sich von Berufs wegen mit der Analyse der Vorgänge in der Finanz- und Wirtschaftswelt befassen. Daher wird ihm Rahmen der IOZ-Veranstaltungen namhaften Vertretern der diversen Ökonomie-Schulen, darüber hinaus auch Rednern aus angrenzenden Disziplinen sowie profilierten Fachpublizisten Gelegenheit geboten, die kritischen Phänomene auf der Höhe der Kunst zu kommentieren. Im Idealfall soll die Gesamtreihe der Veranstaltungen ein kritisches Panorama der wichtigsten Ansätze zur theoretischen Durchdringung und praktischen Meisterung der Krise erzeugen.

Das IOZ ist eine autonome Initiative. Es ist weder von einer Schule noch einer Partei abhängig. Auf die Freiheit der Programmgestaltung wird hoher Wert gelegt. Nach der Überzeugung seiner Mitglieder ist die offene Abarbeitung der Wirtschaftstheorien an dem Mißtrauen, das ihnen seitens der Öffentlichkeit in jüngerer Zeit offen entgegengebracht wird, die beste Weise, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Während die Finanzwirtschaft selbst das Vertrauen des Publikums nur durch die Rückkehr zu verantwortbaren Praktiken wiederherstellen kann, führt für die theoretische Reflexion der Weg zur Erneuerung des Vertrauens in ihre Leistungsfähigkeit allein über die offene Debatte.

Die Veranstaltungsreihe ist zunächst auf einen Zeitraum von drei Jahren (2013-2015) ausgelegt. Alle Veranstaltungen werden dokumentiert und publizistisch nachbearbeitet, sowohl auf der Internet-Plattform des Instituts als auch in einer Schriftenreihe, die den Teilnehmern die Möglichkeit bietet, ihre Beiträge in überarbeiteter bzw. erweiterter Form zu präsentieren. Nach Möglichkeit werden diverse Medienpartnerschaften einer breiteren Öffentlichkeit Einsicht in die Veranstaltungen vermitteln. Nach Abschluß der Serie soll eine umfangreichere Publikation für eine Zusammenschau der Beiträge sorgen.